29. Februar 2016
Die „Flüchtlingskrise“ und der Bericht eines Franziskanerbruders aus Aleppo
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Seehofer,
wie Sie an meinen Daten sehen, komme ich nicht aus Bayern, sondern aus dem
bevölkerungsreichsten Bundesland – aus NRW. Wir Rheinländer jedoch sind genauso viel – oder – wenig „Preußen“ wie Sie als Bayern.
Was nichts gegen meine Berliner oder ostdeutschen Freunde heißen soll.
Abgesehen davon – als der kleinste der drei Partner in der „Großen Koalition“ in Berlin machen Sie ja gerade in letzter Zeit sehr viel im Rahmen von Bundes- und Außenpolitik auf sich aufmerksam.
Vielleicht interessiert Sie in diesem Zusammenhang oben genannter
Bericht eines Franziskanerbruders aus Aleppo. Neben der detaillierten, höchst empathischen Beschreibung menschlichen Leides in einem heftig umkämpften Kriegsgebiet von Seiten von Pater Ibrahim
Alsabagh ist da auch ein Absatz besonders bemerkenswert:
„Ich kann die allgemeine Situation der Menschen, des ganzen Volkes in
Syrien in einem Wort beschreiben: wir sind im Chaos. Wir sind in vollkommener Unordnung. Die Stadt Aleppo ist in zig Teile geteilt. Es herrscht Chaos, weil zahlreiche dschihadistische Milizen die
einzelnen Stadtteile kontrollieren. Wir leben in einem Stadtteil
unter der Regierung und dem Schutz der regulären Armee. Es mangelt an allem, vor allem an Sicherheit.“
An diesen Aussagen – am ganzen Bericht des Paters ist zweierlei bemerkenswert: Der Widerspruch zu vielen Darstellungen in den Medien hier, wo Assad immer als „Schlächter seines Volkes“ dargestellt wird und – die völlig unpolitische, zutiefst humanistische Stärke – die Kraft des Glaubens, die es dem Franziskanerbruder ermöglicht, Licht in der tiefsten Hölle zu sehen – und anderen Mitbrüdern und –schwestern - zu geben. Und dabei völlig am Mitmenschen – am Nächsten orientiert zu sein – ganz gleich, welcher sozialen und ethnischen Gruppe – welchen Glaubens dieser MENSCH ist.
Daneben steht dann auch die jüngst getätigte Aussage vom früheren
Generalinspekteur der Bundeswehr, Harald Kujat: "Weder die Amerikaner noch die Europäer hatten eine Strategie für ein friedliches Syrien und waren auch nicht bereit, sich massiv zu engagieren. Die
Russen haben es gemacht und damit ein Fenster für eine politische Lösung aufgestoßen. ...“.
Kujat weiter: "Putins Ziel lautet, den Vormarsch
der syrischen Truppen in Richtung IS-Gebiet zu unterstützen. Aleppo ist auf diesem Weg bisher wie ein Sperrriegel gewesen, weil die Stadt von der syrischen Opposition gehalten
wurde."
Dass bei einem solchen Einsatz leider auch viele zivile Opfer zu beklagen sind – das ist eines der grausamen Gesetze eines jeden Krieges.
Und – dass Assad auch Täter ist und viel Blut an seinen Händen klebt – auch das
ist klar. Irgendwann im Krieg jedoch ist nicht mehr so direkt auszumachen, wer da Täter, wer da Opfer ist. Zumal das Geschehen in Syrien andere Ausmaße – eine andere Totalität zeigt als das, was ich
aus dem asymmetrischen Kriegsgeschehen in Afghanistan kenne.
Dort habe ich 2009 / 10 eineinhalb Jahre als „ziviler Aufbauhelfer“ in einer britisch-amerikanischen „Nicht-Regierungs-Organisation (NGO)“ gearbeitet. Insofern vertraue ich dem geistigen Bruder und
dem erfahrenen General mehr als vielen Mediendarstellungen hier. Da ich auch viele Schilderungen meiner Eltern und Großeltern aus dem zweiten Weltkrieg hier kenne, weiß ich auch, dass MENSCH
irgendwann nur noch hofft und betet, dass die Grausamkeiten bald aufhören mögen – ganz gleich, von welcher Seite sie kommen.
Und – da ich auch selber mit Schmerz erlebt habe, wie man Jahre lang in der
deutschen (hysterisierten) Öffentlichkeit primär darüber gestritten hat, ob besagtes asymmetrische Kriegsgeschehen in Afghanistan und der deutsche Einsatz darin nun ein „Krieg“ oder eine „Mission“
sei, glaube ich auch etwas davon zu verstehen, wem man im Krieg vertrauen kann und wem nicht.
Dazu ist anzumerken, dass Ihr Parteifreund zu Guttenberg wenigstens diese leidliche Diskussion in seiner Amtszeit als Verteidigungsminister beendete, indem er das K-Wort „Krieg“ eben am Hindukusch
durchsetzte.
Auch da sei erneut auf Kujat hingewiesen – seine Einschätzung von
Oktober 2011, dass der Afghanistan Einsatz gescheitert sei wird da auch vom Kommandeur der ISAF-Truppen 2009 / 10, General Stanley McChrystal geteilt: „Amerikaner und Nato hätten kaum mehr
als 50 Prozent ihrer Ziele in Afghanistan erreicht, sagte er. Die Amerikaner hätten den Krieg völlig unvorbereitet begonnen, mit einem "beängstigend simplen" Bild vom Land. "Wir wussten nicht genug
und wir wissen immer noch nicht genug".
Diese Aussage entspricht komplett meiner Erfahrung. Und – mit dem US-General teile ich ja auch das
Schicksal meiner Demission nach Scheitern „meines Projektes“ dort, das von vielen als Chance für ein Pilot- oder Modellprojekt für einen systematischen Wiederaufbau des kriegsgeplagten Landes
bezeichnet wurde.
Das Scheitern des Westens, der insbesondere einer durch inzwischen bald 37 Jahre Kriegszustand zermürbten Zivilgesellschaft in keinster Weise mehr Sicherheit und Stabilität zu gewähren vermochte
stellt sich für mich nicht nur in diesen Aussagen hoher ehemaliger militärischer Dienstränge dar. Auch ehemalige Kollegen und Freunde sind inzwischen mit Familie nach Europa, insbesondere nach
Deutschland gekommen und – in ihren Schilderungen ist deutlich die völlige Schutzlosigkeit vor der Willkür eines kompletten Gesetzesvakuums herauszulesen. Kujat und McChrystal scheinen im Gegensatz
zu vielen noch Dienst habenden Militärs und den meisten Politikern dies auch zu benennen.
Vielleicht auch, weil beide schon lange bemerkt haben, dass ein
solches Land nur mit militärischen und zivilen Einsatzkonzepten auf Augenhöhe zu sichern und zu stabilisieren ist?
Auch zu den Franziskanern habe ich per se eine ganz eigene Beziehung.
Als Kriegsheimkehrer wird man zwangsläufig bisweilen sehr einsam – man findet sich bald häufig in die Rolle des Soldaten Beckmann aus Wolfgang Borcherts „Draußen vor der Tür“ versetzt. Zumal im
Deutschland der 2010er Jahre. Und – dann kommen auch unweigerlich jene Momente, in denen man sich wünscht, dass manche Kugel, mancher Sprengsatz einen eben nicht verfehlt hätte (Bei mir war’s primär eine Polizeikugel im Getümmel eines klug geplanten
Anschlages am 18. Januar 2010, die meinen Schädel knapp verfehlte – also – „friendly fire“ - )
Nun – in so einem Moment, als alles verloren schien – nicht nur Geld – nein – auch
meine Familie, meine Kinder – alles – da ging ich zum beichten in ein Franziskanerkloster hier.
Und – der „Dienst habende Bruder“ dort – er hat mir sicher das Leben gerettet und mir einen Weg zurück in mein Leben gewiesen.
Ein Bruder Elias – ein MENSCH, der eben da ist und immer standhaft sein wird - wie Bruder Ibrahim aus Aleppo.
Leider wird das Franziskanerkloster hier in der Düsseldorfer Innenstadt aus den 1950ern nun abgerissen und Wohnungen – sicher nicht den preiswertesten weichen müssen. Aber – das ist eine andere
Geschichte.
Auch im Zuge der sog. „Flüchtlingskrise“ sollte es jetzt eigentlich darum gehen,
endlich auch „Hilfe zur Selbsthilfe am Herkunftsort der Flüchtlinge“ und - so etwas wie eine "Nachkriegsordnung" vorzubereiten.
Das wiederum betrifft natürlich (u.a.) auch das Ressort Ihres Parteifreundes Gerd Müller. Dass der Einsatz etwa der „Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ)“ in Afghanistan nicht
wirklich ausgewertet wurde – wen wundert das noch? Die Steuergelder?
Hm – da sollten wir wohl doch nicht kleinlich sein, oder?
Eigentlich sollte man in Deutschland - in der Mitte von EUropa etwas mehr Erfahrung und Ahnung von diesen Dingen haben, denn schließlich geht jeder "Weltkrieg" irgendwann zu
Ende.
Manche Leute in der Regierung – aber auch unter unseren Partnern auf der anderen Seite des Atlantiks haben das sicher schon verstanden. Sie können und dürfen es nur (noch) nicht aussprechen. Denn - dafür bedarf es erst einmal der "Bewertung" der Geschehnisse als das, was sie sind / waren: geostrategische Machtspiele, Stellvertreterkriege - Umbau zu einer "multipolaren Weltordnung".
„Chance für Demokratie und Menschenrecht" mit und für 80+ Mio. Bürger dieses Landes in Mitteleuropa – im westlichen Bereich der eurasischen Scholle - oder (Dauer-) Krise nicht nur dieses Landes – das ist jetzt die Frage.
Und – mit Mauern oder Zäunen wird man die vielen Menschen, von denen der weitaus
größte Teil einfach nur ein bescheidenes und sicheres Leben für sich und seine Familie wünscht nicht aufhalten können.
Auch dies sollte man gerade in Deutschland inzwischen doch gelernt haben.
„Wer zu spät kommt, den bestraft die Geschichte“ hieß es nach 1989.
Als ich zuletzt – im Frühsommer 2008 – zum ersten Mal seit 16 Jahren
wieder in meiner früheren zweiten Wahlheimat Sizilien – in einer der schönsten und spannendsten Städte der Welt – in Palermo war, da fragte ich Freunde dort in Anbetracht der gerade begonnenen
vierten Amtszeit von Silvio Berlusconi zu ihrer Einschätzung dieses Phänomens.
„Politik ist ein schmutziges Geschäft“ – war der allgemeine Grundtenor.
Sergio Benvenuto hat einst gesagt, Berlusconi mache „Politik für die Sports Bar“. Das ist im Land von Don Camillo und
Peppone – und Gladio das Äquivalent zum deutschen Stammtisch.
Wenn der die Macht im Lande übernahm, dann ging es zuletzt manchem an den Kragen. Keine guten Tendenzen in Europa derzeit – weder für Deutschland – noch für Europa.
Wann waren Sie zuletzt zur Beichte, werter Herr Seehofer?
So wie meine Kommunikation mit den Architektenkammern der Länder und
der Bundesarchitektenkammer wird auch dieser offene Brief auf meiner Facebook-Seite und meiner Website veröffentlicht.
Zu meiner Arbeit in Afghanistan – also ganz wesentlich auch zu meiner Person finden Sie noch mehr Infos
dort.
Mit freundlichen Grüßen
Stefan Frischauf
27. Februar 2016
„Verbietet das Bauen – eine
Streitschrift“ und
„Fragmentierte Stadtentwicklung 201_“ -
„angewandte Geographie“, „Wirtschaftsgeographie“ etc. -
„Stadt als Lebensraum und ihre Entwicklung“ im Mittelpunkt von Forschung
Sehr geehrter Herr Daniel Fuhrhop,
Der „Sanierungsstau“ im Bestand – aber auch die „Umsetzungsdefizite“ bei vielen programmatischen Inhalten – Stichworte dazu – „Energiewende“, „Suffizienz“ und „Effizienz“ – auch in diesem Zusammenhang – die „Wertschätzung von Baukultur“ – da bedarf es viel stärker intensivierter öffentlicher Diskurse. Ihr Buch – und der eingangs verlinkte Blog vermögen da ganz wesentliche Akzente zu setzen.
Mein Buch „Fragmentierte Stadtentwicklung 201_“ nimmt da ganz andere Blickwinkel ein und hat auch andere Zielgruppen. Schnittmengen gibt es jedoch viele bei unserer beider
Betrachtungen und Ausarbeitungen.
Abgesehen davon: die sog. „Flüchtlingskrise“ bedeutet da einen maßgeblichen Paradigmenwechsel. Und – die Bauindustrie ist nicht nur ein
Lobbyzirkel, sondern auch ein gewichtiger Wirtschaftsfaktor – mit vielen Jobs – auf allen Ebenen. Aber – das wissen Sie auch.
Dass sich da viele „windige Gestalten“ als häufig maßgebliche - und
„Gewinn um jeden Preis“ suchende „Investoren“ verdingen – diese schmerzhaften Erfahrungen machen manche Architekten – auch wieder auf allen Ebenen. Die einen können sich da noch Anwälte leisten –
viele andere nicht mehr.
Fairtrag e.V. ist da ja durchaus eine
Initiative für faire Vertragsregelungen im Architektenvertrag
der öffentlichen Hand.
Markant sind da in jedem Falle die häufig deutlich zu Tage tretende Angst der Behörden vor Macht- und Kontrollverlust einerseits – und die damit einhergehende immer weiter fortschreitende Preisgabe der „Planungs- und Gestaltungshoheit“ an die Zahlungskräftigsten – aber nicht immer unbedingt klügsten – geschweige denn „baukulturell nachhaltigsten“ und vernünftigsten – oder gar - „sozialsten Marktteilnehmer“.
Das Ganze schafft manche „Absurditäten“. Der Berliner Flughafen – „Es besteht nicht die Absicht, einen funktionierenden Flughafen zu bauen!“- wie man gerade dem Postillon im Rückgriff auf Walter Ulbrichts Bonmot zum Mauerbau einst über diese archäologische Ausgrabungsstätte aus Schilda zuflüstern mag – das ist nur eine Spitze abtauender Eisberge – gerade bei „öffentlichen Verfahren“ – also „hinter verschlossenen Türen vertraglich sehr weitläufig“ – in engen Kreisen „erwirtschafteten“ Verfahrensweisen, die da „nach geltendem Recht und bestem Wissen und Gewissen“ verwaltungsjuristisch ausgehandelt und gebandelt werden.
Städte und Kommunen sind heute eben nur noch ein Marktteilnehmer. Gerade die Veräußerlichung von Flächen und Liegenschaften zum Zwecke der Haushaltssanierung hat ihnen manche „Gestaltungshoheit“ genommen. Dies macht sich besonders in den Grundstückspreisen bemerkbar. Dass aber staatliche Monopole ohnehin auch nicht „das Gelbe vom Ei“ sind – das sollte man spätestens nach den „Neue Heimat Skandalen“ in Deutschland auch bemerkt haben.
Es sollte also um vielfältige Impulse und Anregungen auf allen Ebenen – zwischen Mietern und
Vermietern und Investoren und Nutzern gehen.
Meine nach meiner Rückkehr aus Kabul / Afghanistan im Sommer 2010 verfasste „Dissertation ohne Doktorvater“ hatte zunächst den Titel: „Stadtentwicklung – Stadtzerstörung und Strategien zum Stadtumbau
zu Beginn des 21. Jahrhunderts“ und sollte in zwei Bänden Wege zur „Sozialen Stadt im Klimawandel“ anhand von Fallbeispielen in Düsseldorf - exemplarisch für die (mittel-)europäische Stadt –
und im zweiten Band zur „Globalen Stadt in Zeiten der Klimaanpassung“ – mit Fallbeispielen aus Kabul / Afghanistan aufzeigen.
Das Ganze war bei Weitem zu episch – zu weitläufig. Dennoch – alleine
zum Mieter-/ Vermieter-Konflikt – gerade auch im Zuge der Bestandssanierung kann man enorm viele Impulse schaffen, um da relativ fest gefahrene Märkte zu beleben.
Hier Teil 2 zum „Mieter-Vermieter-Konflikt und die
Energie-Einspardebatte“.
„Fragmentierte Stadtentwicklung 201_“ dann ist eine fokussierte Ausarbeitung von 2015 – ein Recycling der „Vorstudien“ mit wesentlich vertieften und
erweiterten Fallstudien – einhergehend mit einer Kürzung auf circa ein Drittel des Umfangs. Kollege Harald Kegler spricht da von „Reallaboren“ in „Resilienz -
Strategien & Perspektiven für die widerstandsfähige und lernende Stadt“.
Die „Bildung von Genossenschaften zur Überwindung von Gentrifizierung und
Mietwucher“, wie Hanno Rauterberg sie anregt gehört als Prämisse für eine „Neu-Formation von
Genossenschaften“, wie ich sie da anrege zu einem solchen vielfältigen Katalog von Maßnahmen, der da in einer offenen, zivilisierten Gesellschaftsentwicklung greifen sollte.
Harte Arbeit – aber – genauso essentiell wie Ihre Hauptthese – und die 50 Werkzeuge am Ende Ihres Buches.
Ein wesentlicher Punkt, um da breite öffentliche Diskussionen anzuregen – besser – überhaupt erst
auf gemeinsamen Plattformen zu ermöglichen ist da ein wesentliches Anliegen auch meines Buches „Fragmentierte Stadtentwicklung 201_“:
ein besserer Austausch zwischen den vielen
Fachgebieten, die sich da in und am Thema „Stadt“ abarbeiten.
Es geht also darum, ähnlich wie bei der „Klimaforschung“, die ja viele
Wissenschaften und ihre Daten im Hinblick auf das globale Klima zusammenfasst die „Stadt und ihre Entwicklung“ in den Mittelpunkt von Forschung – und von Arbeit daran zu stellen.
Schließlich handelt es sich um den Lebensraum von mehr als der Hälfte der Menschheit. Insofern gilt es, diesen Lebensraum – zwischen Architektur und Ingenieurswissenschaften, Soziologie,
(Makro-) Ökonomie und Ökologie, angewandter und Wirtschaftsgeographie, Ethnologie und Jura - der (Kultur-) Geschichte des Menschen und den Erzählungen von seinen Behausungen zu betrachten. Auch im
Hinblick auf die Verbesserung der Lebensbedingungen in der „Globalen Stadt“ – dem also, was vorher Marshall Mcluhans „Globales Dorf“ war.
Dabei soll es genauso um „Slum-Ökologie“ – also – „nachhaltige Verbesserung der Umwelthygiene in dorfartigen Agglomerationen auf urbanem Grund“ wie um die Evaluierung von Bestandssanierung /
Erweiterung – also Um- oder Neubau – Flächen- und Quartiersmanagement und die Instrumente für Interessensausgleiche auf den vielen Ebenen der Multiplikatoren und Beteiligten gehen.
Also auch um schnellere Möglichkeiten, den existentiellen Bedrohungen für viele Menschen besser zu begegnen – also u.a. auch – Schulung zu „Hilfe zur Selbsthilfe am Ursprungsort von Flüchtlingen“ –
wie hier etwa in den „(Fach-) Hochschulen für internationale und
Interkulturelle Entwicklungs-Zusammenarbeit - Schools for International and Inter-Cultural
Development Collaboration (S I n I C C o l )“ umrissen.
Viel und harte Arbeit, aber – das sollte und kann auch „Spaß machen“.
Aufgrund der Tatsache, dass ich weder eine akademische noch eine Verwaltungskarriere aufweisen kann muss ich dabei durchaus unkonventionelle Wege beschreiten. Die bald, nach Fertigstellung eines neuen Videos in die Finanzierungsphase gehende „Crowd-funding-Kampagne“ für Druck und Vertrieb meiner vier Bücher zur Stadtentwicklung und für ein kleines Stipendium, um „„Fragmentierte Stadtentwicklung 201_“ im Rahmen des phD. Programmes der Urbanisten der TU-Delft in den Niederlanden ins Englische zu übersetzen gehört so wie diese Mail dazu.
Diese Mail erhält neben Ihnen einige verborgene
Empfänger.
So wie meine Kommunikation mit den Architektenkammern der Länder und der Bundesarchitektenkammer wird auch dieser offene Brief auf meiner Facebook-Seite und meiner Website
veröffentlicht.
Zu meiner Arbeit in Afghanistan – also ganz wesentlich auch zu meiner Person finden Sie noch mehr Infos
dort.
Mit freundlichen Grüßen
Stefan Frischauf
24. Februar 2016
"Erst die Dürre, dann der Bürgerkrieg" - FR-Interview vom 10. September 2015
Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Rahmstorf,
zufällig ist mir vor wenigen Tagen im Betreff genanntes Interview mit Ihnen in die Hände - besser - vor Augen gefallen.
Als einer der führenden Köpfe am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) und Professor an der Universität Potsdam ist Ihr Wissen sicher hoch geachtet und in keinster Weise in Abrede zu stellen.
Meine Wenigkeit jedoch macht schon seit Jahren darauf aufmerksam, dass
es meines Wissens kaum Untersuchungen der UN oder anderer multinationaler Organisationen dazu gibt, inwiefern die Sanktionspolitik des Westens gegenüber dem Irak dort tausende – Millionen von
Menschen in die Armut getrieben hat oder – inwieweit der Bau des Atatürk-Staudamms und anderer Dämme im türkischen Ostanatolien Mitte der 1990er Jahre Millionen von Kleinbauern und Fischern in Syrien
und im Irak die vom Wasserstand von Euphrat und Tigris abhängige Existenzgrundlage geraubt – und damit grundlegend die Kriegsbereitschaft erhöht hat.
Auch in Ihrem Interview befinden sich zu beiden Themen- / möglichen Ursachenkomplexen leider keine Hinweise.
Zwar wurde 1987 vertraglich zwischen Syrien und der Türkei ein Durchfluss des Euphrat
von 500 Kubikmeter Wasser pro Sekunde vereinbart, aber - ob und inwiefern dies immer eingehalten wurde - darüber gibt es verschiedene - bisweilen auch eher
widersprüchliche Angaben.
“Die anderen Staaten der Region haben Öl, wir haben
Wasser.” -
so wird der damalige türkische Staatspräsident Turgut
Özal 1992, als der größte der 22 Staudämme an der ostanatolischen Quelle des Euphrat in Betrieb genommen wurde zitiert.
Dass Özals Nachfolgern im Amt des türkischen Staatspräsidenten - insbesondere dem amtierenden Recep Tayyip Erdogan durchaus eine "regionale Hegemonialmachtpolitik" - auch mit der "Wasserwaffe" nicht ungelegen kommt - das behaupten auch anerkannte Quellen in den Medien.
Insofern nehmen Sie bitte meine Verblüffung zur Kenntnis, dass auch in Ihrem Interview nicht der geringste Hinweis zur Rolle unseres NATO-Partners, der jetzt ja auch im Zuge der "Flüchtlingskrise" als Faustpfand gehalten wird anzutreffen ist.
Weder Wasser noch das Klima - das man ja durchaus als einen
gewaltigen Pool von Daten über lokale Wetterphänomene bezeichnen kann kennen nationale - oder gar "politische Systemgrenzen".
Im Hinblick auf die unbedingte politische Neutralität von Wissenschaft würde ich mich freuen, wenn Sie als einflussreiche
Person entsprechend vielleicht die Option nach einer unabhängigen Untersuchung dieser Thematik vorbringen könnten.
Und - der Begriff "Klimakrieg" ist sicher in "komplexen Ursachengeflechten", wie auch Sie es richtig benennen etwas zu "plakativ" - die Realitäten indes auf den Böden der Tatsachen übertreffen für viele Menschen heutzutage eher manches "plakative Etikett". In diesem Sinne sollten auch diese "Ursachengeflechte" intensiver erforscht werden. Letztlich sollte es doch auch der Wissenschaft daran gelegen sein, Ursachenforschung - Aufklärung zu betreiben - auch, um "plakative Etiketten" in den öffentlichen Diskursen vermeiden zu helfen.
Insofern würde ich mich über eine Aussage Ihrerseits zu meinen Anmerkungen hier sehr freuen.
Ähnliche Themen drohen sich leider vielerorts an - zwischen West- und Ost-Bengalen
- ganz besonders am Teesta genauso wie in und um viele schnell wachsende Städte im Süden unseres Planeten. Aber - dazu vielleicht ein anderes Mal mehr.
Mein Thema ist eben ähnlich komplex wie das Klima - die Stadt und ihre Entwicklung als Lebensraum von mehr als der Hälfte der Menschheit – zwischen Architektur
und Ingenieurswissenschaften, Soziologie, (Makro-) Ökonomie und Ökologie, angewandter und Wirtschaftsgeographie, Ethnologie und Jura - der (Kultur-) Geschichte des Menschen und den Erzählungen von
seinen Behausungen.
So wie meine Kommunikation mit den Architektenkammern der Länder und der
Bundesarchitektenkammer wird auch dieser offene Brief auf meiner Facebook-Seite und meiner Website veröffentlicht.
Auf dieser finden Sie natürlich auch noch detailliertere Infos zu meiner Wenigkeit.
Über eine Antwort Ihrerseits würde ich mich sehr freuen.
Mit freundlichen Grüßen
Stefan Frischauf
25. Januar 2016
„Wohnen statt Unterbringung“ - Crowdfunding-Kampagne – „Architektur als Werkzeug im Kampf gegen Armut“ - bei startnext: Bauen + Planen = Integration und Partizipation - https://www.startnext.com/anyupae – etc.
Sehr geehrte Damen und Herren – werte Kollegen,
Zunächst einmal – die Veranstaltung / Diskussion „Wohnen statt Unterbringung“ im Haus der Architekten in Düsseldorf am 21. Januar war in jeder Beziehung gelungen. Ein großes Lob an die Architektenkammer Nordrhein-Westfalen dafür.
Dennoch gilt es, viele Punkte zu vertiefen und – die Diskussion maßgeblich zu erweitern.
Dazu dient auch oben verlinkte Crowdfunding-Kampagne bei Startnext, die gerade in die „Startphase“ geht. (Natürlich sind die Untertitel für's Video vor der „Finanzierungsphase“ noch zu überarbeiten und - das Ganze ist sicher recht komplex – dies aber nur erst einmal am Rande hier).
Die Ängste und Sorgen von Bürgermeistern kleinerer Städte und Gemeinden mit bisher eher „bescheidenen
Armutsproblemen“ ob der Aufnahme von mehr als 800, statt wie in den Vorjahren ca. 50 Flüchtlingen im Jahr 2015 (zum Vergleich: Die US im Wahlkampf um die Richtung nach Obama wollen gerade mal 10.000
Syrien-Flüchtlinge aufnehmen) sind dabei genauso zu thematisieren wie die
Frage, die Flüchtlinge aus früheren Generationen – in diesem Falle eine junge Kollegin aus dem Iran aufwirft: wissen wir eigentlich, für wen wir da zeitnah „bezahlbaren Wohnraum“ erstellen
sollen?
Wer sind die Menschen, die da kommen – welche Gewohnheiten haben sie – welche Bedürfnisse? „Kultur und Religion“ sind da nur zwei
prägnante Aspekte von vielen.
Was erwarten beide Gruppen – Menschen hier – also auch „Staat und Gesellschaft“ im weitesten Sinne – und die „Neuankömmlinge“ voneinander? Und – wie wirkt sich das auf unsere Arbeit – auf
Anforderungen an „Stadt- und Regionalplanung – bis hin zum Wohnungsgrundriss und der Wertigkeit von Küche und Wohn- / Aufenthalts-/ Gemeinschaftsräumen und die vielen Schichtungen zwischen
öffentlichem und privatem Raum aus?
Welche Dimension birgt die Herausforderung „Nachhaltige Inklusion von Flüchtlingen“ in diesem Zusammenhang für uns – für alle in sich?
Müssen jetzt, salopp gesagt – „private Investoren“ ran, oder – muss der Staat – mithin die gesamte föderale Struktur im Rahmen der
Gewaltenteilung als Bauherr selbst „Geld in die Hand nehmen“ und „die Dinge nach vorne bringen“?
Was bedeutet das auch für die Themen "Strukturwandel" und -
"Flächen- und Quartiersmanagement" unter diesem (Planungs- und Lösungs-) Druck? Gerade das letzt genannte Stichwort hat Hartmut Häußermann – ich nenne ihn immer den „Altmeister der deutschen Stadtsoziologie“ - lange propagiert.
Und - dies nun klug zu gestalten und entsprechend schon in die (Vor-) Planung einzubringen ist eine weitere gewichtige Herausforderung.
Und – lassen Sie mich da durchaus eine kurze persönliche Frage loswerden: warum hat in Deutschland nie jemand gefragt, was da in den letzten Jahren nicht nur unter dem Deckmantel des „Kampfes der Kulturen“ gerade auch in Ländern wie Afghanistan – und zwischen diesen Ländern und uns „schief gelaufen“ ist? Kommen da „potenzielle Terroristen“ – „Konkurrenten auf den Märkten für Arbeit und Soziales – gesellschaftliches Sein oder Nicht-Sein“ also? – oder – kommen da Menschen, bei deren Integration oder gar Inklusion es auch maßgeblich um Paradigmenwechsel gehen sollte – auch in unserem Verhältnis zum Thema der „Globalisierung“ – der Nähe und der Distanz zu uns zunächst fremd erscheinenden Menschen?
Insofern füge ich jetzt hier einmal – da bisher kaum Rückfragen in Deutschland dazu kamen – die „fachliche Stellungnahme“ des Berliner Wasserbauingenieurs an, mit dem ich 2009 / 10 ein „Pilotprojekt für städtische und ländliche Räume“ in Afghanistan – in der Altstadt von Kabul entwickelt habe. Und – das kurze Statement dazu, das ich nie müde werde zu wiederholen - dass „mein“ afghanisches Ingenieursteam das klügste und beste Team war, das ich je geleitet habe – und – bei Weitem nicht das erste Team, das ich geleitet habe.
Wer kommt da also (unter anderem) – und – Wie kann
„nachhaltige Inklusion“ – anders herum gesagt – die „Vermeidung von Parallelgesellschaften“ unter diesen Bedingungen gelingen?
Auf dem Boden der Tatsachen genauso wie „im Großen und
Ganzen“?
Was bedeutet das für uns – Architekten und – Staat und
Gesellschaft hier in Mitteleuropa mit seinen „kollektiven Gedächtnissen“?
„Muss das so? - Der Senat plant
riesige Flüchtlingsunterkünfte – womöglich die sozialen Brennpunkte von morgen. Angeblich geht es nicht anders. Aber stimmt das denn? Acht Fragen zur Klärung einer brisanten Lage.“ – so ist ein
ZEIT-Artikel zur Planung im Stadtstaat Hamburg
überschrieben.
„NIMBYismus“ und das „St. Florians-Prinzip“ von Seiten von An- / Bewohnern ist da noch das Geringste. „Teile und (be-) herrsche“ die so immer kleiner werdende wahr genommene „Volonté générale“ bis zum letzten ent- (oder ge-) täuschten potentiellen (Nicht-) Wähler – das trifft’s wohl eher.
Überforderung – Unfähigkeit – selektive Wahrnehmung oder gar – „Beratungsresistenz“ der vielen Entscheider in Politik und Wirtschaft?
„Neoliberalismus“ wird von vielen Ökonomen u.a. Wissenschaftlern aus dem angloamerikanischen Raum als „nicht wissenschaftlicher Begriff“ eher gemieden. Die bedingungslose Prämisse der „Besitzstandswahrung“ um jeden Preis – das durch vielfache (Macht- und Kontrollverlust-) Ängste motivierte Instrumentalisieren eigener „Identitätsmuster“ – Religion, Recht, Nation, Stamm, Rasse, Wohlstand (Klasse / Stand) etc. – das gehört vielleicht eher in den medizinischen Bereich. Bei Geschlechterrollen und deren Verständnis hört es jedenfalls ganz auf. („If there’s war between the sexes, then there’ll be no people left“ – wie Joe Jackson einst in „Real Men“ sang.)
Die Welt ändert sich sehr schnell. Paul Virilios schönes Bild vom „Rasenden Stillstand“ jedoch trifft es da bei genauerem Hinsehen am ehesten.
„Wahrheitsmuster“, die da stetig medial verkauft werden, können kaum (noch) das abbilden, was menschliche – „globale“ Bewegungen und die entsprechenden Daten- und eben auch Menschenströme bedingen und eben auch mit sich bringen. Medial kolportierte „Expertenmeinungen“ bleiben gleichfalls in diesen Mustern gefangen. Man könnte auch sagen – im Moment ihrer Veröffentlichung fallen sie schon durch das grobe Sieb der in ihnen selbst vielfach ausgeklammerten fragmentierten Bestandteile der einen oder anderen „ganzen Wahrheit“. Somit bleiben auch die Annäherungswerte an ein solches „Ideal von Ganzheit“ eher marginal.
Insofern vermag man durchaus provokativ die Behauptung aufzustellen, dass sich denn auch eine gewisse „Planlosigkeit“ als „demokratisches Prinzip“ darstellt: die „fragmentierte Realität“ vermag von den „Experten“ auch nur als solche „verkauft“ werden. Die unliebsamen Begleitumstände – „Nebenwirkungen“ von Aus- und Unterlassungen viel komplexerer „Wahrheits- und Identitätsmuster“ – sie können im Zuge der o.g. Prämissen nur in entsprechende „Klientelsmuster“ führen: Es gilt unbedingt, der eigenen Gruppe den größten Anteil vom Kuchen zu Gute kommen zu lassen. Alle anderen fallen durch das Raster. Von der groben über die mittlere zur feinen Körnung.
„Neoliberalismus“ verführt also die Akteure zu Selektion und Ausschluss anderer Gruppen und Individuen. Auf Dauer wird es da auf den Rängen und im Parkett recht unbequem. Dann gilt es, ein neues Fass aufzumachen – oder aber – das Theater endlich umzubauen, bevor es zusammenkracht.
„Neoliberalismus“ unterscheidet sich da von anderen, vergangenen Formen der Selektion und Ausgrenzung in seiner Totalität nur in der
Hinsicht, dass diese Muster unglaublich subtil – ihre Opfer geradezu perfekt verdrängt – oftmals auch räumlich exportiert - „outgesourcet“ werden. Die von Wissenschaftlern also in ihrer Namensgebung
gemiedene, geradezu global umfassende „Befreiung von Werten und Märkten“ – besser – ihre Protagonisten – die sog. „Eliten“ schafften es jedoch immer wieder, die sich heute darstellenden
„Fließbewegungen von Wahrheits- und Identitätsmustern“ in ihrer auskristallisierten Erstarrung als „ultimativ“ und „alternativlos“ und insofern
„im rechtsstaatlich demokratischen Rahmen platziert“ darzustellen.
Ganz banal könnte man jetzt einwenden, dass der Nationalsozialismus mit seiner grausamen Tötungsmaschinerie damals und der Kaderkommunismus am Ende des Warschauer Paktes – einmal mehr besonders
perfekt mit der Stasi-(Selbst-) Bepitzelung auf der Ostseite der Mauer, deren Bauplanung noch am Vorabend „in Beton gegossener Realitäten“ geleugnet wurde dann ja auch „Neoliberalismus“ gewesen
seien. Und – „Terrorismus“ – insbesondere in seiner medialen Zurschaustellung von Grausamkeiten durch den IS und andere solcher Gruppen nicht minder.
Ja – vielleicht entspricht „(Neo-)liberalismus“ eher einer Krankheit. Einer irgendwie sich selbst legitimierenden „Befreiung“ von jeglicher humanistischer Ethik – von jeglichen, durchaus universellen Regeln der Menschen- oder Nächstenliebe. Diese Regeln dann gelten im Zuge der Ausklammerung von Komplexität nur noch für die eigenen „Klientelsmuster“.
Die Schauspieler auf der Bühne sind am Ende. Die Zuschauer nicht minder. Aber – alle Köpfe im Orchestergraben sind abrasiert. Die Ränge schwanken – einige sind abgestürzt – viele sind bereits aus dem Parkett und den Logen geflüchtet. In den Trümmern suchen einige Musiker noch verzweifelt ihre Instrumente. Der letzte Ton ist immer auch eine Frage der (Berufs-)Ehre.
Die „Flüchtlingskrise“ hat gegenüber den anderen eher verdrängten als wirklich be- oder verarbeiteten Krisen der letzten Dekade(n) eine gewichtigere Dimension: Das im Vorfeld der Bundestagswahl 2013 von Jürgen Habermas diagnostizierte „Dösen auf dem Vulkan“ Deutschlands jedoch, das da nun weitergehen soll birgt jetzt viel größere Sprengkräfte für die „kristallisierten Wahrheitsgetüme“, die uns – Gesellschaft da vorgesetzt werden – die uns aber letztlich auch ausmachen und bestimmen – zumal bei immer mehr verriegelten Notausgängen (auch der Brandschutz als wesentliches Element des Baurechts wird immer wieder gerne den vorher genannten Prämissen untergeordnet und entsprechend instrumentalisiert).
Habermas bezog das Dösen noch primär auf die sog. „Eurokrise“ und Deutschlands Verhalten gegenüber Südeuropa. Unter dem lange eingeschliffenen Kodex des „Kampfes der Kulturen“ wird es nun mit der „Flüchtlingskrise“ heißer und unbequemer zwischen den ins Tal fließenden Lavaströmen. „Der Krieg gegen den Terror“, der letztlich seit bald 15 Jahren mehr Terror und mehr Unsicherheit überall für die Mehrheiten der Menschen, die einfach ihr bescheidenes Leben in Frieden mit sich und ihrer Familie führen wollen gebracht hat – er kommt jetzt unweigerlich ins Land – und – neue (Verlust-) Ängste entstehen. Das bedeutet auch, dass neue „Fronten“ im „Teile und Herrschen“-Schauspiel entstehen. Und das in einem mehr als baufälligen Theater.
Ignoranz und Ausgrenzung ist auch eine lange bewährte (behördlich institutionalisierte) Methode, um den Zugang in das zerschlissene
Theater zu begrenzen. Genügend „Expertenmeinungen“ aus Wirtschaft, Wissenschaft und Politik bekommt man dafür immer zusammen.
Peter Handkes „Angst des Tormanns beim Elfmeter“ wird im Zuge der „Fragmentierung von Realitäten“ – und damit der entsprechenden „rechtsstaatlichen Gewaltenteilung“ zur Angst vor „Totalität“
geschürt. Ein verständlicher Reflex in Anbetracht deutscher Geschichte des 20. Jahrhunderts. Deutschlands Rechtssystem – und seine Institutionen wurden nach dem zweiten Weltkrieg wohl weislich als
weit verzweigte, feingliedrige flache Hierarchien wieder aufgebaut. Im Zuge des „Teilen und Herrschens“ jedoch haben sich genau dort wesentliche Schwachstellen hier aufgetan.
Was hat das alles nun für „Architektur und Stadt– und Regionalplanung“ per se in diesem Moment hier und jetzt zu bedeuten?
Und – warum schreibe ich Ihnen das hier – die im föderalen System der Bundesrepublik meinen Beruf in den Ländern vertretenden Verbände?
Oder – warum wende ich mich eben nicht nur an die Kammer hier in Nordrhein-Westfalen als „meinen Zuständigkeitsbereich“?
Immerhin die Kammer von einer der am dichtesten besiedelten Regionen Europas – dem bevölkerungsreichsten Bundesland, in dem bei derzeit ca. 17,7 Mio. Einwohnern genauso viele Architekten notiert sind wie bei unseren französischen Nachbarn insgesamt mit ca. 66,4 Mio. Einwohnern?
Nun – in NRW wurde vor kurzem die Kammer neu gewählt. Eine leicht gestiegene Wahlbeteiligung von knapp 40 % der Kammermitglieder wird allgemein als Erfolg verbucht.
Wie viele „prekarisierte“ oder gar – „verdrossene“ Kollegen ohne „Marktzugangsmöglichkeiten“ gibt es – nicht nur in NRW?
Gerade die Listen der beiden großen Berufsverbände hier – BDA und BDB stellten in ihren Programmen „Krisen“ geradezu als „Naturgesetzlichkeiten der Märkte“ dar. Nirgends war ein Hinweis auf „programmatische Initiativen“ zur Stärkung des Berufsstandes – auch zu „Integration“ oder gar „Inklusion“ von „prekarisierten“ oder gar – gänzlich von den „Märkten“ ausgeschlossenen Kollegen zu finden.
Die HOAI – schön und gut, aber – für viele kaum wirklich als „Richtschnur“ in den Haifischbecken der Bau- und Planungsbranche zu betrachten. Von „Investoren“ und anderen „Bauherren“, die bisweilen kaum Ahnung von alle dem haben und die Thunfische unter den Kollegen im Becken, die sich keinen Anwalt (mehr) leisten können beliebig verzehren gar nicht zu sprechen.
Und – was zählen auf „hoch spezialisierten Märkten“, wo Stellenausschreibungen allzu häufig ein spezielles (CAD-)Programm für eine spezielle Leistungsphase auf einem speziellen Bausegment fordern noch „Erfahrung“ und „Überblick und Allgemeinbildung“?
Auch in diesem Zusammenhang sei nochmals der Hinweis auf die geburtenstarken Jahrgänge der Mitte der 1960er Jahre geborenen „Baby-Boomer“, den auch der Präsident der Architektenkammer Baden-Württemberg Markus Müller in seinem Pamphlet zum programmatischen Wohnungsbau macht gestattet:
Auch insofern sollte das Thema der „Vermeidung von Altersarmut“ – besser – einem „verdienten und würdigen Altersdasein“ schon jetzt viel stärker in den gegenwärtigen Fokus gerade auch planerischer Berufe wie dem unseren rücken: die Generation meiner Eltern ff. haben auch ein Land mit Bildungs- und Chancengleichheit mit vielen fleißigen Händen und Köpfen (wieder-) aufgebaut. Die Herausforderungen an uns sind also viel größer als viele es lange Zeit wahr haben wollten. Und – die Arbeit, die da wirklich zu leisten ist, wenn man auch diese „Krise “ als Chancen wahrnimmt – das kann eine Volkswirtschaft bei kluger Gestaltung schon weit nach vorne bringen. Der Wille dazu, dies jedoch anzugehen – man findet ihn derzeit kaum.
„Altersarmut“ ist also (auch jetzt schon) eine gegenwärtige – keine zukünftige Herausforderung – gerade auch im Hinblick auf
„bezahlbaren Wohnraum“ und die Würdigung von alten Menschen und ihrer Leistungen – ihrer Integration in die Gesellschaft.
Insofern sei hier auch nochmals an die Neujahrsansprache der Kanzlerin erinnert, wo Frau Dr. Merkel plötzlich wieder von der „sozialen Marktwirtschaft“ sprach – ein „Ideal“, das unter dem Paradigma
der „freien Märkte“ lange Zeit verschüttet schien, und das u.a. auch auf den Terminus der „Massenkaufkraft“ von ihrem Parteikollegen Ludwig Erhard zurückgeht. Und – das hat nichts mit blindwütigem
„Konsumismus“, sondern gerade heutzutage eher etwas mit Teilhabe und Angebote dafür zu tun.
Auch die Forderung, „Hilfe zur Selbsthilfe am Herkunftsort der Flüchtlinge“ zu leisten wird kaum noch wirklich
erhoben. Gerade dafür bedarf es einer tieferen Analyse der derzeit – seit längerem sich ereignenden Kriege – gerade auch mit deutscher Beteiligung.
Meines Wissens gibt es kaum Untersuchungen der UN oder anderer multinationaler Organisationen dazu, inwiefern die Sanktionspolitik des Westens gegenüber dem Irak dort tausende – Millionen von
Menschen in die Armut getrieben hat oder – inwieweit der Bau der Atatürk-Staudämme im türkischen Ostanatolien Mitte der 1990er Jahre Millionen von Kleinbauern und Fischern in Syrien und im Irak die
vom Wasserstand von Euphrat und Tigris abhängige Existenzgrundlage geraubt – und damit grundlegend die Kriegsbereitschaft erhöht hat.
Und – zu Afghanistan und Südasien habe ich da selbst noch viel tiefer anhand meiner Arbeit dort
recherchiert.
Um aber auch hier effizient planerisch tätig werden zu können, bedarf es einer intensiven Aufarbeitung vergangener Fehler. Es bedarf zentraler progammatischer Überschriften für solche Arbeit auf „fremdem Grund und Boden“ – und entsprechender Paradigmenwechsel für den „Vertrauensaufbau“ im kleinen „Nachbarschaftsmaßstab“ – im dezentralen Verhelfen zum Gebrauch von „Grundrechten“ durch Architektur, Städtebau und Ingenieurswissenschaften vor Ort.
Zu Kriegsgründen ist noch viel zu sagen – die schleichende Aushöhlung staatlicher Bildungssysteme von Mauretanien und dem Senegal bis nach Indonesien durch den gerade in Folge der Anschläge auf die heiligen Stätten in Mekka 1979 forcierte flächendeckende Gründung von Madrassen primär durch die saudischen Wahabiten und ihre überall herangezüchteten Gefolgsleute – die iranische Revolution 1979, die letztlich auch die Schia weit zurückwarf in ihren aufklärerischen Inhalten – über all das wird hier kaum in seinen Folgen für viele Menschen berichtet. Andererseits sind viele Menschen allerorten jedoch viel weiter. Das Diktat religiös instrumentalisierter Dogmatik indes zermürbt sie. Es besteht vielerorts immer noch fort – zusätzlich befeuert durch Armut und Perspektiv- und Orientierungslosigkeit. Etwas, dem auch die ehedem „erste Welt“ – der Westen im von ihm ausgerufenen „Kampf der Kulturen“ nichts wirklich Wegweisendes für viele Menschen auf dem diesen Verwerfungen ausgesetzten Boden der Tatsachen entgegenzusetzen vermag.
Und – China und die BRICS – die Weltbank verkündete vor kurzem noch eine Warnung zum „gleichzeitigen Wachstumseinbruch der Volkswirtschaften dieser Länder im Jahr 2016“. Nirgends jedoch wird darauf hingewiesen, dass Chinas „urbane Revolution“ gerade in der ersten Dekade des 21. Jahrhunderts massiv durch den Aufkauf US-amerikanischer Staatsanleihen – eigentlich also US-Schulden befeuert wurde und – dass das Land nun, seit Platzen der gigantischen Immobilienblase 2011 massiv gegensteuert und – dass wir alleine schon aufgrund des massiven westlichen „Outsourcings von industrieller Produktion“ und den damit verbundenen (billigeren) Arbeitskräften gerade ins „Reich der Mitte“ schon lange „im selben Boot sitzen“. Jegliche „Marktschwankungen“ dort werden zu allererst etwa die Arbeiter in Wolfsburg bei VW am Band zuerst spüren. Schließlich ist China größter Absatz- und inzwischen auch einer der größten Produktionsmärkte für Autos. VW betreibt meines Wissens 20 Werke dort und – durch den „Abgasskandal“ ist der Konzern wesentlich geschwächt.
Es ist heute eben doch für viele Menschen recht wichtig, zu bemerken, dass ein Sack Reis in China umgefallen ist. Je komplexer ein System in seinen Zusammenhängen ist, umso anfälliger für allerhand Irritationen ist es eben auch. Und – das spüren die einfachen Menschen eher als „die Eliten“.
Die Karte der Weltbank von 2014, in der die Einkommensverteilung der Volkswirtschaften – anhand also des Gini-Koeffizienten dargestellt ist, lässt da schon mehr Rückschlüsse zu. Aber – auch diese Karte bedarf einer tieferen Analyse und hält zudem manche Überraschungen parat.
Die Tatsache, dass der chilenische Architekt Alejandro Arravena, der sozialen Wohnungsbau - "bezahlbaren Wohnraum" bei klammen
kommunalen Kassen mit guter Architektur und klugen integrativen Nachbarschafts-Konzepten verbindet, den Pritzker Price, den „Nobelpreis für Architektur“ 2016 gewonnen hat, ist
dabei ein gutes Signal!
In einem Interview heißt
es, dass "Architektur nun ein Instrument
im Kampf gegen Armut" wird.
Dennoch – oder – eben drum gilt es jetzt, viele Versäumnisse der Vergangenheit pragmatisch anzugehen – und viele Instrumente, die dafür erforderlich sind, zu aktivieren.
Ghettobildung kann nur durch kluges „Quartiersmanagement“ schon in der Vorplanung vermieden werden. Hartmut Häußermann, der „Altmeister der deutschen Stadtsoziologie“ hat diesen Begriff unermüdlich propagiert. Die Tatsache, dass er zwei Wochen vor seinem Tod mir noch auf meine Betreuungsanfrage für meine Dissertation antwortete, ehrt ihn noch mehr als sein unermüdlicher Kampf für Bürgerrechte.
Investoren sollten nicht nur durch Abschreibungsvergünstigungen oder andere Anreize dieser Art, sondern auch durch andere Formen der Partizipation – und der Beschleunigung von Planungs- und Bauprozessen gewonnen werden können. Letztlich geht es ganz maßgeblich um den „sozialen Frieden“ – in kurz-, mittel- und langfristiger Hinsicht.
Gerade in meinem letzten Buch „Fragmentierte Stadtentwicklung 201_“ habe ich viele solcher Instrumente angeregt und detailliert beschrieben. Die derzeit startende „Crowdfunding-Kampagne“ bei Startnext gilt auch maßgeblich Druck und Vertrieb dieses Buches.
In den Niederlanden, in einer Anfrage bei den Urbanisten an der TU Delft antwortete der Professor mir schnell, dass ihm das zu viel sei
und ich mein Anliegen in 2-3 Sätzen darstellen solle. Als ich dem Folge leistete wurde mir zur Aufnahme ins dortige Ph.D. – also Doktoranden-Programm als Bedingung eine entsprechende
„Funding-Sicherheit“ also ein nachzuweisendes Stipendium genannt. Auch dafür gilt nun die Crowd-funding-Kampagne. Die Dissertation
wäre also eine entsprechende Überarbeitung im Zuge der Übersetzung von „Fragmentierte Stadtentwicklung 201_“ ins Englische.
Zudem liegen unsere beiden Länder – Deutschland und Afghanistan sehr viel näher beieinander, als viele Menschen in Deutschland es
wahr haben wollen. Und – zur arabischen – generell zur „muslimischen Welt“ hatten wir vor dem „Kampf der Kulturen“ immer sehr gute Beziehungen.
Auch das ist nicht nur in „Fragmentierte Stadtentwicklung 201_“, sondern auch in den anderen Büchern, für die da die Crowdfunding-Kampagne gilt, „Die unsichtbaren Städte 201_“ und „Kabul, ein
Wintermärchen“ deutlich dargestellt.
Es gibt viel anzupacken. Wenn wir wirklich die Dinge lösen – und eine resiliente und insofern wehrhafte und integrative / inklusive – demokratische Gesellschafts- und Stadtentwicklung in Deutschland – und für die „Architektur eines ebensolches Europa“ planen und bauen wollen.
Denn – die Antwort auf Krieg und Terror sollte nicht unnachgiebige Härte und Verhärtung, sondern
kluge Steuerung, Bestrafung von Tätern und Bildung und vielfältige Angebote für viele anderen Menschen und ihre Familien auf entsprechend flexibel agierenden Märkten sein.
Montag dieser Woche , der 18. Januar hat für mich persönlich da durchaus mehr als symbolischen Charakter: Ein Anschlag der Taliban vom 18. Januar 2010 stellte
damals nicht nur für Kabul und Afghanistan einen markanten Wendepunkt dar.
„Entwicklungs-Zusammenarbeit“ ist dabei ein zusätzliches, sehr wichtiges Stichwort.
Man kann keinen „Krieg gegen Terror“ ohne Beseitigung der eigenen Grundwerte und –rechte gewinnen.
Insofern befinden wir als Architekten, Ingenieure und Städtebauer uns vor weitaus gewichtigeren Herausforderungen als „nur“ der
Schaffung neuer Wohnviertel mit „bezahlbarem Wohnraum“.
Insofern werden bald diese Inhalte als kurze Thesen immer wieder mit der Kampagne neu verlinkt. Erfahrungsgemäß steht da eben auch
der Satz von Einstein am Ende des Videos. Und - irgendwann müssen ja auch verschlossene Türen in Deutschland sich öffnen. Irgendwann müssen da ja auch einmal kluge Nachfragen kommen nach dem
Motto: „Was meint der Mann denn da eigentlich? So ganz dumm ist er ja nicht und das, was er da sagt, ist ja auch nicht ganz von der Hand zu weisen.“
Ich warte eben immer noch.
Vielen Dank und - herzliche Grüße
Stefan Frischauf
06. Januar 2016
Neujahrsgruß – „Markterweiterungen“ oder „Provisorien“ – „Paradigmenwechsel“ oder sich weiter öffnende (nicht nur sozialräumliche) Scheren?
Sehr geehrte Damen und Herren – werte Kollegen,
Zunächst einmal: ein gutes, gesundes, erfolgreiches und glückliches 2016 allen hier!
Zurück gehend auf meine Mail vor Weihnachten möchte ich Sie u.a. auf ein Interview mit dem Hamburger Architekturkritiker Gert Kähler aus der ZEIT hinweisen. Die Themen, die dort unter dem Titel "Provisorische Häuser sind eine Option" angesprochen werden – und auch die Zweifel, die da durchscheinen – das ist nicht nur auf die Situation in Hamburg zu beziehen.
Seltsam ist, dass auch der werte Gert Kähler hier nicht im Geringsten auf Möglichkeiten zu "Markterweiterungen" eingeht - also -
Chancen, da entsprechend viel pragmatischer die "vielen über Jahre liegen gebliebenen Dinge" - "Bezahlbarer Wohnraum", "Strukturwandel" - "Energiewende" etc. im Interesse aller - "Neuankömmlingen"
und "Daheimgebliebenen" anzugehen.
Ein kurzer Blick ins Baurecht / BauGB und auf die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure HOAI hilft da vielleicht weiter: In der Bauleitplanung laufen da die "Vorentwurfsphasen" unter dem
Namen "frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit". Das BauGB überlässt es der Gemeinde, die Art und Weise der frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung zu bestimmen. Da die meisten Gemeinden in ihren
Personalschlüsseln zurückgefahren sind - Stichworte: "Sparmaßnahmen", „klamme kommunale Haushalte“ etc.- geht man also i.d.R. den entsprechenden "Weg des geringsten Widerstands": Der mit Geld
winkende Investor mit seinem Planer hinten dran werden natürlich vorgelassen und hofiert. Viele andere bleiben da hinten dran. Nicht nur Menschen – „Marktteilnehmer“ – auch kluge und vielleicht
weiter führende Ideen und Konzepte – und „Realisierungsoptionen“.
EU-weites Wettbewerbsrecht – untergeordnetes bzw. danach geschaltetes Vergaberecht?
Also - nur nicht kleinlich sein, bitte, oder?
Sie, die Architektenkammern betonen immer wieder die "Vorzüge des Wettbewerbs". Die Baubehörden und deren Praxis jedoch haben natürlich
mit anderen o.a. Themen zu kämpfen. Am Ende bleibt's also auch bei diesem Interessenkonflikt zumeist beim "Hornberger Schießen": Ist also keiner wirklich verantwortlich für wachsende
"Bedarfslücken"?
Und – zu wessen Lasten geschieht dies?
In seinem Pamphlet zum „Perspektivenwechsel in der Flüchtlingsunterbringung“ betont der Präsident der Architektenkammer Baden-Württemberg, Markus Müller auch, dass die geburtenstarken Jahrgänge der Mitte der 1960er Jahre bald „in die Ruhestandsphase eintreten“ und weist auf unsere geringeren verfügbaren Renteneinkommen hin.
Auch hier ist einmal mehr zu betonen, dass die Erwartung von „Altersarmut“ uns u. geg. Umständen schon jetzt in weitaus stärkerem Maße trifft als es die planenden Berufe – und ihre Berufsverbände wahrhaben wollen. Uns und unsere Kinder zudem.
In diesem Zusammenhang möchte ich auf einen anderen ZEIT-Artikel hinweisen:
„Flüchtlinge – das Ende der Verwöhntheit“ heißt es da im
Titel.
Kommentare bei solchen Artikeln sind häufig recht befremdlich. Sie spiegeln auch "Meinungsbilder" wieder. Da spaltet sich einmal
mehr Vieles.
Die Wenigsten - auch Bürger in Deutschland können sich die am Anfang des Artikels zitierte "vergoldete Zahnpasta" zur "Prophylaxe" leisten. Wo beginnt und endet also "Verwöhntheit"?
Als mich vor kurzem ein ehemaliger Kollege aus jener britisch-amerikanischen "NGO", in der ich 2009/10 in Kabul gearbeitet habe um Hilfe bat, um nach Deutschland zu kommen, da erklärte ich ihm Einiges über das "Wohlstandsgefälle" hier. Er hatte damals auch öfters steif und fest behauptet, die "Bürgersteige in London seien aus Gold". Ich wies ihn also ab. Er solle bei Frau und Kind bleiben.
Als ich 2011/ 12 in China arbeitete traf ich einmal auf Ökonomiestudenten in Shanghai, die für ihren MBA sammelten. Auch sie waren erstaunt, von mir zu hören, dass Deutschland ein "wachsendes Armutsproblem" habe. Als "Wanderarbeiter", der von der chinesischen Immobilienblase wusste und dort ein Projekt von 2,2 qkm neuer Stadt "retten" sollte war mir auch die "Verhältnismäßigkeit" des "Armutsbegriffs" im "Reich der Mitte" geläufig.
Meine Partner waren von chinesischer Seite durch den dortigen „Turbokapitalismus“ völlig ausgelaugt oder wussten von deutscher Seite vorher zu wenig über „Guangxi“ – „konfuzianische Ethik“ und ihre Ausprägungen – ganz besonders unter den radikalen Paradigmenwechseln im Zuge des 12. Fünfjahresplanes der VR China. Ein Paradigmenwechsel, der letztlich nicht nur globalökonomisch ein höchst wahrscheinlich wesentlich schwerwiegenderes Ereignis als die Subprime Krise 2008 bisher verhindern half.
Was nicht heißt, dass ich den chinesischen Autokratismus unserem Gesellschaftssystem vorziehe. Was aber auch nicht sagen soll, dass
wir uns derzeit in sichereren Fahrwassern befinden.
Und – zur höchst sensibilisierten Situation in Baden-Württemberg, die sich auch im Pamphlet von Kammerpräsident Markus Müller darstellt kann ich in diesem Zusammenhang ergänzen: An meinem Arbeitsort Hangzhou dort im „reichen europäischen Osten Chinas“ traf ich im März 2012 auch auf einen emeritierten Professor der Architektur-Fakultät der TU Stuttgart, der gleichfalls in dem chinesisch-deutschen Architekten- und Ingenieursnetzwerk dort ein Projekt vor Ort plante. Er verdeutlichte mir, wie tief die Diskussionen um Formen der Bürgerbeteiligung – letztlich um „Integration und Partizipation“ dort nach den Protesten um Stuttgart 21 im Sommer 2010 gerade auch unter Architekten-Kollegen geführt werden.
Vor wenigen Tagen habe ich einen früheren Fahrer der "NGO" aus Kabul besucht. Er ist mit zwei kleinen Töchtern - 2 1/2 und 6 1/2
Jahre alt und Frau hier hingekommen. Als in Kabul lebender Angehöriger der Ethnie der Hazara und langjähriger Mitarbeiter einer westlichen Org. wurden er und seine Familie zuletzt bedroht -
Schutzgeld und mehr. Dass dies in einem Land, zu dem in der deutschen Öffentlichkeit jahrelang darüber gestritten wurde, ob der Einsatz der BW dort ein „Kriegseinsatz“ oder eine „Friedensmission“
o.ä. sei häufig tödlich für das eine oder andere Familienmitglied ist – das kann ich Ihnen gerne ausführlicher darstellen.
Unser Tag zusammen war für diesen früheren Kollegen und Freund jedenfalls nach seiner Aussage sein schönster Tag bisher in Deutschland.
Ich persönlich hoffe, dass ich Einiges für diesen Freund und seine Familie tun kann. Das wird nicht einfach - wie auch solche
Debatten wie in den Kommentaren unter o.a. Artikel es zeigen.
Viele Ängste und noch mehr "gefährliches Halbwissen".
Im Vorfeld der Bundestagswahl 2013 prägte Jürgen Habermas das Bild vom "auf dem Vulkan dösenden Deutschland".
Die "Verwöhntheit" - ich würde eher von "Abschottung und Verdrängung" sprechen.
In ihrer Neujahrsansprache sprach die Kanzlerin auch von der "sozialen Marktwirtschaft". Ich persönlich weiß nicht, wann sie diesen Begriff so zuletzt verwandt hat.
Wer im Lande hier was "schafft" und wer da seine "Kontroll- und Machtverlustängste" überwinden sollte, um die Lavaströme gefahrlos für die Bewohner des Tals ab- und umzuleiten - das wird eine der
Kernfragen sein am Ende dieser Tage - am Anfang vielleicht auch anderer Tage.
Und – Ereignisse wie zuletzt in der Sylvesternacht in Köln – ein aus Brasilien stammender, in Berlin lebender Freund kommentierte
das Ganze folgendermaßen: „... eine für Deutsche unbekannte Wirklichkeit, für mich leider nichts Neues, in Rio als ARRASTAO (in youtube zu sehen) seit den 70er Jahren bekannt. Eine Strategie von
Slumbewohnern, die in großer Anzahl durch den Strand alles durchkämmen. Zum Teil spontan, aber möglicherweise von Einigen angeführt. Also, die Welt wird „slumisiert“. ...“
Ob unsere Gesellschaft das aushält, ohne dass bald Gruppen wie zuletzt der „Nationalsozialistische Untergrund (NSU)“ gar als eine offen agierende NSM – also einer entsprechenden, sich auf die „Mehrheit“ berufenden Organisation laut werden – das liegt auch ganz maßgeblich an unseren stadt- und regionalplanerischen Antworten, werte Kollegen.
In jedem Falle bedarf es sicher vieler pragmatischer Themen – und sicher auch Paradigmenwechsel, um
da klug „Integration und Partizipation“ planerisch in den Griff zu bekommen.
Eine "pragmatische Entzerrung" vieler verzwickter Knäuel aus Interessenskonflikten könnte eigentlich "Gebot der Stunde" sein - z.B. u.a. so wie auf der Seite ""Wohnraum" 2 - Wettbewerb" dargestellt.
In jedem Falle bedarf es kluger Initiativen zum gerade vom „Altmeister der deutschen Stadtsoziologie“ Hartmut Häußermann unermüdlich entwickelten und geforderten „Quartiersmanagement“ – in Bestand, Neu- und Umbauplanung.
Diese Diskussion, die ich hier anstoßen und erweitern möchte – ich hoffe, sie geht weiter und trägt im Jahre 2016 ff. auch manche Früchte.
Bis dahin zunächst einmal – herzliche Grüße
Stefan Frischauf
15. Dezember 2015
Betreff: Weihnachts- und Neujahrsgruß - „Ideen- und Realisierungswettbewerb für modular / industriell zu erstellenden Wohnraum“
Sehr geehrte Damen und Herren – werte Kollegen,
„Die Stunde der Architekten“ – titelt die FAZ noch Anfang November in Anbetracht der sog. „Flüchtlingskrise“ und sagt weiterhin: „Der Wohnungsbau entscheidet mit über die Zukunft des Landes.“
Der ZDB prognostiziert mit Hilfe einer Studie des Pestel-Instituts (Hannover) für die nächsten fünf Jahre : „Deutschland braucht 400.000 neue Wohnungen pro Jahr.“
Diese Schätzung ist vielleicht etwas hoch gegriffen. Gleichwohl zeigt sich aber auch, was da mancher Politiker in manchem Rathaus bereits festgestellt hat: „Es ist vieles liegen geblieben in den letzten Jahren.“
Anders herum gesagt: Die Herausforderungen an Stadt- und Regionalplanung – an planende Berufe rund um unsere Zunft sind gewichtig.
Insofern möchte ich Sie in diesem meinem Weihnachts- und Neujahrsgruß auf einige Initiativvorschläge meinerseits hinweisen – insbesondere auf die Prüfung , ob ein „Ideen- und Realisierungswettbewerb für modular / industriell zu erstellenden Wohnraum“ vielleicht (u.a.) eine angemessene Antwort auf diese Herausforderungen sein könnte.
Als unsere Berufsvertretung weisen Sie – hier in NRW und auch andernorts - immer wieder darauf hin, dass der Architekten-Wettbewerb oft ungeahnte Möglichkeiten – und vielfältige gute - oft wirklich optimierte Lösungen für diese Aufgabe, diesen Ort mit sich bringe. Abgesehen davon, dass er auch oft nicht etablierten Kollegen gute Präsentations- und gar Startmöglichkeiten liefert. Insofern – kurzum – ein Instrument, um faire und viel versprechende, auch öffentlich wirksam darstellbare Marktbedingungen – oder gar - -erweiterungen zu schaffen.
Der Präsident der Architektenkammer Baden-Württemberg, Markus Müller, der hiermit gleichfalls gesondert herzlich gegrüßt sei spricht schon länger von einem „Perspektivenwechsel in der Flüchtlingsunterbringung - das derzeitige Dauerthema bietet gesellschaftliche Chancen für ein Umdenken im Wohnungsbau“.
Wie Grundlagen und Ziele einer Ausschreibung für einen solchen Wettbewerb aussehen könnten – bzw. –
wie ich mir das vorstelle - das erfahren Sie auf meiner Website – auf der Seite "Wohnraum" 2
- Wettbewerb" hier.
Auf meiner Website finden Sie zudem auch noch viele andere Infos
über meine Wenigkeit – meine Erfahrungen als Architekt, Städtebauer und Ingenieur (Brandschutz) und Einiges mehr. Und – gerade auf der nach der Startseite kommenden Seite „Home-FAQ“
werden vielleicht einige Ihrer Fragen hier beantwortet.
Unweigerlich jedoch – wie in jedem konstruktiven Diskurs werden auch weitere Fragen aufgeworfen werden.
Ich persönlich würde mich sehr freuen, wenn sich aus dieser Mail hier eben ein solcher konstruktiver Dialog in und mit den Kammern entwickeln würde.
Denn – die „lange liegen gebliebenen Themen“ sind zu wichtig und sollten in pragmatische Paradigmenwechsel geführt werden.
Und - sie waren lange absehbar - worüber ich Jahre lang geforscht habe. Mehr dazu auf der Seite
"Fragment - Fraktal: Buch 1"
.
Bis dahin aber zunächst einmal – frohe und glückliche, erholsame – gesunde und friedliche Weihnachtstage und einen guten Rutsch in ein hoffentlich mit besten Vorzeichen gesegnetes Jahr 2016.
Stefan Frischauf